05/09/2025
Marktkommentar
Handelszölle von 39%
Während der August an den Aktienmärkten eher ruhig verlief, sorgten insbesondere politische und wirtschaftliche Nachrichten für Aufsehen.
Für die Schweiz war der Monat anstrengend, nachdem die USA Importzölle in der Höhe von 39% auf ihre Produkte verhängten. Die Schweizer Wirtschaft und Politik zeigten sich überrascht über diesen Entscheid, hatte man sich doch nach den Gesprächen mit den USA eigentlich in einer besseren Position gewähnt. Das Resultat offenbarte eine deutliche Verhandlungsschwäche der Regierung wie auch der Wirtschaftsvertreter. Die Schweizer Börse reagierte überraschend gelassen, da die grossen, international tätigen Unternehmen den Grossteil ihrer Produkte im Ausland herstellen und damit kaum direkt betroffen sind.
Zudem lassen sich Lieferketten und Verträge nicht kurzfristig ersetzen. Spezifische Produkte ohne Alternativen werden trotz neuer Zölle weiterhin ausgeliefert. Leidtragende sind die kleinen und mittelgrossen Betriebe, die fast ausschliesslich in der Schweiz produzieren und ihre Exporte in die USA bereits reduziert oder eingestellt haben. Dennoch wuchs die Schweizer Wirtschaft im zweiten Quartal um 0.1% und entging so knapp einer Kontraktion. Das Wachstum wurde primär vom Dienstleistungssektor gestützt, während die Industrie, insbesondere die Pharma- und Textilbranche, Einbussen verzeichnete. Auch das KOF-Barometer sowie die Konsumenten- und Industriestimmung gaben zuletzt wieder nach.
Die US-Wirtschaft läuft noch
Die Inflationsrate verharrte im Juli bei 0.2% im Jahresvergleich, während die Kerninflation bei 0.8% lag. Importierte Produkte wirken weiterhin deflationär, während der inländische Preisdruck gering bleibt. Die SNB dürfte angesichts der unsicheren Lage ihren Leitzins vorerst bei 0% belassen, eine Senkung im September wird aber von einigen Marktteilnehmern nicht ausgeschlossen. In den USA zeigte die Wirtschaft nach einem schwachen Jahresstart mit +3.3% im zweiten Quartal wieder Stärke.
Auffällig war der Anstieg der Produzentenpreise um 3.3% im Juli, deutlich über den Erwartungen. Während die Konsumentenpreise insgesamt im Rahmen der Prognosen blieben, verschärften sich die Inflationssorgen. Hinzu kommt eine abnehmende Dynamik am Arbeitsmarkt: Nachträgliche Korrekturen zeigen, dass in den Vormonaten kaum neue Stellen geschaffen wurden, während die Erwerbsquote weiter sank. Der ISM-Index für den Dienstleistungssektor sank im Juli unerwartet auf 50.1 Punkte, was die Sorge um eine konjunkturelle Abkühlung verstärkte.
Die Fed steht damit vor einem Dilemma: Einerseits nehmen die Inflationsrisiken zu, andererseits schwächt sich der Arbeitsmarkt ab. Nach der Rede von Jerome Powell am Jackson Hole Symposium preisen die Märkte nun fast sicher eine Zinssenkung im September ein. In Europa wächst die Wirtschaft zwar weiter, aber nur leicht.
Europa wächst kaum
Das BIP der Eurozone legte im zweiten Quartal lediglich um 0.1% zu, nachdem es im ersten Quartal noch 0.6% war. Deutschland verzeichnete sogar ein Minus von 0.3%, Italien stagnierte. Frankreich konnte leicht zulegen, während Spanien überraschend robust blieb. Die Industrieproduktion in Deutschland erreichte indes den tiefsten Stand seit Mai 2020, belastet durch die schwache Nachfrage aus dem Ausland und den Zollschock.
Das Ifo-Geschäftsklima hellte sich leicht auf und deutet auf eine vorsichtige Verbesserung der Erwartungen hin. Die Inflation in der Eurozone verharrte im Juli bei 2%, die Kernrate bei 2.3%. Damit ist eine Zinssenkung durch die EZB im September weniger wahrscheinlich, zumal die Arbeitslosenrate auf einem Allzeittief liegt. In China hat die Wirtschaft zu Beginn des dritten Quartals spürbar an Dynamik verloren. Die Industrieproduktion wuchs im Juli nur noch um 5.7% und fiel damit auf den schwächsten Stand seit Ende 2020.
Auch die Einzelhandelsumsätze stiegen mit 3.7% deutlich weniger als erwartet. Zwar legten die Exporte kräftig zu, die jedoch teilweise auf Vorzieheffekte zurückzuführen waren. Das Wachstum bleibt stark von staatlich subventionierten Bereichen getragen, während private Investitionen rückläufig sind. Diese Entwicklung nährt Zweifel, ob das offizielle Wachstumsziel von 5% erreicht werden kann.
Aktienmärkte
Der August war ein freundlicher Börsenmonat mit leichten Kursgewinnen. Ausnahmsweise waren es nicht die IT-Werte, die den Markt trieben, da zunehmend Zweifel am Wachstum der KI-Unternehmen aufkommen, die nach wie vor kaum Gewinne erzielen. In Europa fielen Deutschland und Frankreich negativ auf. In Deutschland wächst die Sorge über die geplante Neuverschuldung und die Folgen der US-Zölle. In Frankreich steht die Regierung wegen möglicher Haushaltseinsparungen vor einer Zerreissprobe. Angesichts der hohen Staatsquote wären Kürzungen dringend nötig, doch die Koalition ist zerstritten, sodass Neuwahlen im Raum stehen.
Zinsen
Nach dem Jackson-Hole-Symposium werden in den USA bis Jahresende zwei Zinssenkungen erwartet – zumindest deuten viele die Aussagen von J. Powell so. In der Schweiz wächst die Furcht vor Negativzinsen, da die 39%-Zölle auf Exporte in die USA eine Unterstützung der Wirtschaft durch die SNB nötig machen könnten. In Frankreich steigen die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen wegen des politischen Chaos weiter an, nur Italien zahlt noch etwas mehr. In Japan kletterten die Zinsen für 30-jährige Anleihen auf ein Niveau, das seit Jahrzehnten nicht mehr erreicht wurde.
Währungen und Rohstoffe
Nach einer technischen Erholung im Juli verlor der USD im August wieder an Boden. Die erwarteten Zinssenkungen schwächten die US-Währung gegenüber CHF und EUR. Angesichts der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten stieg der Goldpreis auf neue Höchststände, und auch Silber legte kräftig auf über USD 40 pro Unze zu. Rohöl verbilligte sich dagegen wegen Sorgen um das globale Wachstum. Bitcoin gab nach starken Anstiegen im Juli um mehr als 6% nach, da Gewinnmitnahmen den Preis drückten.